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So sieht die ehemalige Trasse der Kleinbahn Hanau zwischen Bruderdiebacherhof und Hüttengesäß (Blickrichtung Hüttengesäß) heute aus: Man kann in Teilen schon noch die Trasse erkennen. Teilweise ist sie als Feld- und Radweg ausgebaut. Aber ab dieser Stelle verliert sich dann die Spur der Trasse Richtung Bruderdiebacherhof. | ||
Ein Bahnanschluss für das Ronneburger HügellandEinige Informationen zur Hanauer Kleinbahn |
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EinleitungDie Fülle des gesammelten Materials über die Hanauer Kleinbahn hat mittlerweile ein beträchtliches Ausmaß angenommen hat. Der anfänglich vermutete Umfang des möglicherweise noch vorhandenen Materials und der rekonstruierbaren Reste der Hanauer Kleinbahn sind deutlich umfangreicher als zuerst anzunehmen war. Auch sind durchaus noch Reste der ehemals belieferten Betriebe auszumachen. Teils sind es noch Gebäudefragmente, teils sind es noch vollständige Gebäude, die allerdings nicht mehr in dem ursprünglichen Ensemble des gesamten Betriebes eingebunden sind. |
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Hanau und die EisenbahnDie Stadt Hanau hat eine lange Tradition als Stationierungsort für bedeutende Militärverbände. So ist es vermutlich auch zu erklären, warum sich Hanau schon sehr früh zu einem regelrechten Eisenbahnknotenpunkt entwickelte. Die Staatsbahnen waren zu Beginn ihrer Geschichte quasi paramilitärische Organisationen die in den Zeiten vor der Massenmotorisierung eine immense strategische Bedeutung hatten. Allerdings ging es beim Ausbau der Bahnstrecken um die Verkürzung zeitlicher Distanzen zwischen strategisch wichtigen Punkten. Die südliche Wetterau und das Ronneburger Hügelland zählten offenbar nicht wirklich zu den Regionen, denen eine erhöhte strategische Bedeutung zugemessen wurde. Vermutlich aus diesem Grund und wegen den topographischen Gegebenheiten wurde diese Region eher weniger von den Preußischen Staatsbahnen berücksichtigt. Die Regionen nordöstlich von Hanau waren eher ein weißer Fleck im Verkehrsnetz der Eisenbahnen. Um der drohenden verkehrstechnischen Isolation zu entgehen, bildete sich in den 1890er Jahren das "Comité für Betreibung der Angelegenheit betreffend den Bau einer Eisenbahn von Hanau über Marköbel nach Büdingen". Die Gründung dieses Vereins dürfte eine Folge des im Juli 1892 erlassenen Preußischen Kleinbahngesetzes sein oder zumindest im Zusammenhang mit diesem stehen. |
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Allgemeine Informationen zum Unternehmen Die Hanauer Kleinbahn nahm am 01.10.1896 ihren Betrieb auf. Wenige Monate später, am 18.07.1897 wurde die Hanauer Kleinbahn AG gegründet. Ab diesem Moment gingen sämtliche Anlagen und Betriebsmittel vom Planer und Bauherrn der Strecke, Hermann Christner, auf die Hanauer Kleinbahn AG mit Sitz in Berlin über. Zwar bedeutete der Bau der Bahn einen erheblichen Fortschritt für den Warenverkehr, die Arbeit und die Ausbildung der Menschen in den Anliegergemeinden, aber von den Nutzungsbedingungen her ergeben die zeitgenössischen Umfragen ein eher zwiespältiges Bild. An der Hanauer Kleinbahn wurde bemängelt, sie:
Um diese Kritikpunkte richtig bewerten zu können, müssten die Ergebnisse vergleichbarer Umfragen zu anderen Bahnstrecken herangezogen werden. Nicht vergessern werden darf auch, dass die Staatsbahnen damals militärische Bedeutung hatten und im Prinzip militärisch organisiert waren. Im Vergleich zu den damaligen Zuständen bei der Preußischen Staatseisenbahnen würde die Bahn vermutlich keinesfalls besser bewertet werden als die Hanauer Kleinbahn! Auf der anderen Seite stellte sich durchaus der erwartete wirtschaftliche Aufschwung der Region ein: Der Raum nordöstlich von Hanau durchlebte durchaus einen merklichen wirtschaftlichen Aufschwung. Beispielsweise war der Ort Langendiebach der erste Ort im Kreis, der ein eigenes Elektrizitätswerk hatte. Der Betrieb des Elektrizitätswerks wurde durch die Existenz der Hanauer Kleinbahn erst ermöglicht.Durch sie war es möglich, ausreichende Kohlemengen nach Langendiebach zu befördern! Auch in Langenselbold wurden Gaswerk und Leimfabrik mit Kohle versorgt. Ebenso hatte das Ziegelwerk in Ravolzhausen seine Vorteile von der Kleinbahn: Auch hier wurde Kohle antransportiert und Ziegel abtransportiert. Durch die Anlieferung von Getreide und die Abhohung von Mehl profitierte beispielsweise auch die Mühle in Rückingen. |
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Zahlen, Daten Fakten | ||
Manche Eckpunkte der Bahn lassen sich auch in Zahlen fassen. Hier eine Übersicht: |
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Streckenlänge |
20,6 km (die Quellen variieren um einige 100 Meter) | |
Spurweite |
1.435 mm (Normalspur) | |
Größte Steigung |
1:1,67 (manche Quellen sprechen von 1:1,50) |
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Demontage der Gleise |
1934/35 |
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Eisenbahntechnische Abnahme |
24.09.1896 | |
Betriebsbeginn |
01.10.1896 | |
Betriebseinstellung |
31.03.1931 | |
Aktienkapital |
750.000 Mark | |
Hypothekarische Anleihen |
350.000 Mark (zu 3,5 % verzinst) | |
Zwangsliquidation |
1935 | |
Über die Wagons und Lokomotiven der Hanauer Kleinbahn ist in den Artikeln, die über sie geschrieben wurden, eher wenig zu finden. An anderen Stellen sind aber schon einige Informationen zu finden. Die Macher der Website www.werkbahn.de haben sich die Mühe gemacht, die hergestellten Lokomotiven der Jung & Staimmer oHG bzw. Jung Jungenthal GmbH aus Kirchen a. d. Sieg zusammenzutragen. Laut dieser Liste wurden drei Lokomotiven der Bauart Bn2t mit 110 PS geliefert. Der Empfänger war H. Christner für die Hanauer Kleinbahn. Folgende Daten werden in dieser Liste aufgeführt: |
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Loknummer: 1 |
Loknummer: 2 Hersteller: Jung Fabriknummer: 228 Baujahr: 1896 Bauart: Bn2t Typ: 110 PS Lieferdatum: 14.09.1896 Verbleib: 1928 verkauft |
Loknummer: 3 Hersteller: Jung Fabriknummer: 229 Baujahr: 1896 Bauart: Bn2t Typ: 110 PS Lieferdatum: 07.10.1896 Verbleib: 1928 verkauft |
Wachablösung: |
Loknummer: 2" Hersteller: Hanomag Fabriknummer: 2382 Baujahr: 1892 Bauart: Cn2t Typ: Preußische T 3 Lieferdatum: ... Verbleib: … |
Loknummer: 3" Hersteller: … Fabriknummer: … Baujahr: … Bauart: Cn2t Typ: Preußische T 3 Lieferdatum: … Verbleib: … |
Loknummer: 4 |
Loknummer: 5 Hersteller: Jung Fabriknummer: 1750 Baujahr: 1912 Bauart: Bn2t Leistung: 375 PS Lieferdatum: 10.04.1912* Verbleib: 1931 vorhanden |
Loknummer: 6 Hersteller: Hanomag Fabriknummer: 4742 Baujahr: 1910 Bauart: Bn2t Typ: … Lieferdatum: ** Verbleib: Verbleib unbekannt |
* Laut www.drehscheibe-foren.de wurde diese Lok 1928 weiterverkauft. ** Neu an die Schuhfabrik Boulonneries de Bogny Braux, Filze (Frankreich) ausgeliefert, nach 1918 in deutschen Heeresbeständen, 1925 gekauft. Keine weiteren Informationen über den Verbleib. |
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Die von Jung-Jungenthal gelieferten neuen Maschinen mit den Nummern 227 – 229 waren nach bisherigen Erkenntnissen Lokomotiven der Tramway- oder Kasten-Bauart. Zeitgenössische Bilder und Postkarten bestätigen den Einsatz von Kastenlokomotiven. Manche Quellen sprechen davon, dass eine Lokomotive von der "Casseler Dampf-Tramway" gekommen sei. Diesbezüglich haben sich bisher keine Nachweise finden lassen. |
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Weiterführende Themen | ||
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Informationen über die Streckenführung Es wird immer wieder behauptet, von der Hanauer Kleinbahn seien außer zwei (umgebauten) Bahnhofsgebäuden nichts geblieben. Das stimmt nur, wenn man oberflächlich nach augenscheinlichen Merkmalen sucht. |
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Reste: Spätere Nutzung und Überbleibsel der Strecke Auch 75 Jahre nach dem Abbau der Hanauer Kleinbahn sind noch Reste von ihr zu erkennen. Man muss nur genau hinsehen! |
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Fazit der GeschichteDie Kleinbahn Hanau war von Anfang an ein eher "windig" erscheinendes Projekt, das an der eigenen Finanznot und ihrer daraus resultierenden Begrenzheit gescheitert sein dürfte. Weitere Gründe dürften mangelnde Weitsicht angrenzender Gemeinden und der technische Fortschritt gewesen sein. Das Streckennetz blieb hinter den ursprünglichen Absichten und Erweiterungsüberlegungen zurück. Die Konkurrenz durch (auch flexiblere) Buslinien sowie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Weimarer Republik sorgten letztendlich für den recht schnellen Niedergang der Hanauer Kleinbahn. Letztendlich war die normalspurige Hanauer Kleinbahn eine sinnvolle Idee, die an der Realität und den Widersprüchen der Zeit gescheitert ist. |
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Links zu Hanauer Kleinbahn | ||
Literaturverzeichnis | ||
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